Für den Aufbau flächendeckender klinischer Krebsregister nach dem Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz (KFRG) vom April 2013 ist ein Datenaustausch zwischen Wohnort- und Behandlungsortregistern vorgeschrieben. Niedersachsen grenzt an neun andere Bundesländer und steht damit vor einer großen Herausforderung. Mit den Daten der Krankenhausdiagnosestatistik hat das EKN abgeschätzt, wie hoch der Anteil auswärtig versorgter KrebspatientInnen mit Wohnort Niedersachsen (Nds) ist und wo diese PatientInnen stationär behandelt werden. Es wird ebenfalls analysiert, wie viele PatientInnen in Niedersachsen stationär onkologisch behandelt werden und woher diese kommen.
Anhand von Neuerkrankungszahlen des EKN für das Diagnosejahr 2011 und der Krankenhausdiagnosestatistik (KHDS) des Statistischen Landesamtes Niedersachsen für das Jahr 2011 wird die Anzahl der Krankenhausbehandlungsfälle mit Wohnort Niedersachsen pro Neuerkrankungsfall für verschiedene Krebsdiagnosen ermittelt.
Die Krankenhausbehandlungsfälle werden nach Wohnorten auf Landkreisebene und nach Behandlungsorten auf Bundeslandebene für Krebs gesamt und verschiedene Krebsdiagnosen ausgewertet. Die Eigenversorgungsquoten für die 47 Landkreise in Niedersachsen werden bestimmt (Anteil der in Niedersachsen behandelten an allen behandelten PatientInnen aus dem Landkreis).
Ergebnisse und Diskussion
Die Anzahl der Krankenhausbehandlungen pro Neuerkrankungsfall variiert in Niedersachsen je nach Krebsdiagnose (Abbildung 1). Im Mittel werden 2,5 bzw. 2,6 (Männer bzw. Frauen) stationäre Behandlungen pro Krebsneuerkrankungsfall registriert. Die Anzahl schwankt zwischen 0,9 für maligne Melanome der Haut bei Frauen und 6,1 für Harnblasenkrebs bei Männern.
83% aller krebsbedingten Krankenhausfälle mit Wohnort Niedersachsen sind in niedersächsischen Krankenhäusern behandelt worden, 17% außerhalb des Landes: 6% in Bremen, jeweils 4% in Nordrhein-Westfalen und in Hamburg. Unterschiede zwischen den verschiedenen Diagnosen und zwischen den Geschlechtern sind Tabelle 1 zu entnehmen. Krankenhausbehandlungen von niedersächsischen Patienten mit der Diagnose malignes Melanom der Haut wurden beispielsweise zu einem großen Teil (38,3%) außerhalb Niedersachsens durchgeführt, insbesondere in Nordrhein-Westfalen (21,6%).
In Abbildung 2 sind die Eigenversorgungsquoten für die einzelnen Landkreise für Krebserkrankungen insgesamt dargestellt. Die Spannweite reicht von 26% (Osterholz) bis 98% (Hildesheim), d.h. nur 26% aller Krankenhausbehandlungsfälle mit dem Wohnort Osterholz werden in Niedersachsen behandelt und fast drei Viertel außerhalb. Der Landkreis Osterholz grenzt unmittelbar an Bremen.
Aus Tabelle 2 geht hervor, wie viele der Krankenhausbehandlungsfälle in Niedersachsen aus anderen Bundesländern stammen. 7,6% der Behandlungsfälle in Niedersachsen kommen aus einem anderen Land: 3,1% aus Nordrhein-Westfalen, 1,6% aus Hessen. Insgesamt ist im Jahr 2011 in Niedersachsen die absolute Zahl der Patientenabwanderung (20.758) größer als die Zahl der Zuwanderungen (8.324).
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass bei niedersächsischen PatientInnen mit einer Krebserkrankung eine (Mit-)Versorgung in benachbarten Bundesländern durchaus zu beobachten ist. Deutliche Unterschiede gibt es dabei zwischen den Wohnorten und den verschiedenen Diagnosen. Es folgt daraus, dass ein Datenaustausch mit anderen Bundesländern für ein flächendeckend arbeitendes klinisches Krebsregister in Niedersachsen unabdingbar ist. Eine aufwandsgerechte Aufteilung der Dokumentationspauschale zwischen Wohnort- und Behandlungsortregister sollte für die klinische Krebsregistrierung festgelegt werden. Als Limitationen der Auswertung sind der Fall- statt Personenbezug der Krankenhausdiagnosestatistik zu nennen (d. h. Personen, die mehr als einmal im Jahr stationär behandelt werden, zählen mehrfach) und die Beschränkung auf vollstationäre Behandlungen.
Die Auswertungen wurden als Poster auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi) im September 2014 in Ulm vorgestellt.