Hintergrund

Die Inzidenzraten von Prostatakrebs sind in vielen westlichen Ländern aufgrund der Prostatakrebs-Früherkennungsuntersuchung (Blutuntersuchung auf prostataspezifisches Antigen, PSA-Test) dramatisch gestiegen. Die Inzidenz liegt am höchsten in den USA, wo die Inanspruchnahme des PSA-Tests seit 1986 weit verbreitet ist. Auch in Deutschland nimmt die Inanspruchnahme dieser Untersuchung seit den 1990er Jahren zu. Das hat zur Folge, dass die Inzidenz des Prostatakarzinoms bis 2007 angestiegen ist. Der Rückgang der Mortalität des Prostatakarzinoms wurde schon in Europa und in den USA beobachtet, aber der Anteil des Rückgangs, der auf den PSA-Test zurückzuführen ist, wird kontrovers diskutiert. Das EKN hat in Kooperation mit der Gesellschaft epidemiologischer Krebsregister in Deutschland (GEKID) und dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg aktuelle Langzeitdaten zum relativen Überleben (RS) und zur Stadienverteilung in Deutschland analysiert und mit Raten der USA verglichen, um Einflüsse des PSA-Tests zu untersuchen. Zusätzlich werden die Mortalitäts- und Inzidenz-Verläufe für Prostatakrebs in beiden Ländern dargestellt.

Methoden

Gepoolte Daten bevölkerungsbezogener Krebsregister aus zwölf deutschen Bundesländern mit einem Einzugsgebiet von ca. 27 Millionen Einwohnern wurden analysiert. Eingeschlossen wurden alle Patienten von 15-99 Jahren, bei denen im Zeitraum 1997-2010 Prostatakrebs diagnostiziert wurde, mit einem Mortalitäts-Follow-up bis Dezember 2010. Patienten, für die ausschließlich eine Todesbescheinigung im Register vorliegt, sogenannte Death Certificate Only (DCO)-Fälle, gingen nicht mit in die Analyse ein. Die Daten zur Inzidenz und Mortalität sind die im Zentrum für Krebsregisterdaten im Robert Koch-Institut zusammengefassten Daten aller deutschen Landeskrebsregister. Daten für die USA mit den gleichen Einschlusskriterien wurden aus der Surveillance, Epidemiology and End Results (SEER 13)-Datenbank extrahiert. Mittels Periodenanalysen wurden altersadjustierte relative 5- und 10-Jahres-Überlebensraten für die Periode 2002-2010 nach Tumorstadien (Lokal: T1/2 N0 M0; regional: jedes T, jedes N + M0; fern: jedes T, jedes N, M+) und nach Altersklassen berechnet. Unter Nutzung der Ederer II Methode wurde das erwartete Überleben ermittelt. Zweiseitige Signifikanztests mit einem Signifikanzniveau von 5% kamen zur Anwendung. Alle Berechnungen sind vom DKFZ mit SAS (Version 9.2 und speziellen Makros) durchgeführt worden.

Ergebnisse

Insgesamt wurden Daten von 214.741 Prostatakrebs- Patienten in Deutschland und 397.171 in den USA nach Ausschluss von DCO-Fällen (Deutschland: 5,4%, USA: 0,78%) ausgewertet. Das Medianalter bei der Diagnosestellung betrug in beiden Ländern 67 Jahre. Die Ergebnisse zeigen, dass die 10-Jahres-Prognose für Patienten mit Prostatakrebs nach Diagnosestellung in beiden Ländern sehr günstig ist (Tabelle 2).

Tabelle 2: Vergleich der relativen 5-und 10-Jahres-Überlebensraten von Prostatakrebs nach Tumorstadien zwischen Deutschland und den USA"
Tabelle 2: Vergleich der relativen 5-und 10-Jahres-Überlebensraten von Prostatakrebs nach Tumorstadien zwischen Deutschland und den USA"

Auch weisen Patienten mit lokalem Stadium in Deutschland und in den USA und Männer in der Altersklasse 65-84 Jahre in den USA keine höhere Sterblichkeit im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung auf (Abbildung 1).

Abbildung 1: Vergleich der relativen 5-Jahres-Überlebensraten von Prostatakrebs-Patienten nach Altersklassen zwischen Deutschland und den USA, Diagnosejahre 2002-2010
Abbildung 1: Vergleich der relativen 5-Jahres-Überlebensraten von Prostatakrebs-Patienten nach Altersklassen zwischen Deutschland und den USA, Diagnosejahre 2002-2010

In Deutschland zeigte sich – wie früher in den USA nach Einführung der PSA-Testung - eine Verschiebung zu lokalisierten Stadien (Tabelle 2) und ein verbessertes 5-Jahres-Überleben.

Tabelle 2: Entwicklung der Tumorstadienverteilung von Prostatakrebs in Deutschland und USA, 1998-2010
Tabelle 2: Entwicklung der Tumorstadienverteilung von Prostatakrebs in Deutschland und USA, 1998-2010

Der zeitliche Verlauf der Mortalität zeigte einen leichten Rückgang in beiden Ländern. Während die Inzidenz in den USA über die Beobachtungszeit sank, nahm sie in Deutschland bis 2007 kontinuierlich zu (Abbildung 2).

Abbildung 2: Zeitlicher Verlauf der Mortalität (M) und Inzidenz (I) von Prostatakrebs in Deutschland und den USA, 1997-2010
Abbildung 2: Zeitlicher Verlauf der Mortalität (M) und Inzidenz (I) von Prostatakrebs in Deutschland und den USA, 1997-2010

Diskussion

Die Gründe der gezeigten Ergebnisse genau zu erklären, ist schwierig, ohne über detaillierte Angaben zur Früherkennung, zur Diagnostik und zur Behandlung zu verfügen. Eine vorgezogene Diagnosestellung und Überdiagnose durch das Screening erklären wahrscheinlich größtenteils die Unterschiede im 5- und 10-Jahres-Überleben insbesondere nach Stadien in beiden Ländern. Die Auswertungen wurden als Poster auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi) im September 2014 in Ulm vorgestellt.

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