Hintergrund
Maligne Mesotheliome zählen zu den seltenen Krebserkrankungen und haben eine sehr schlechte Prognose. Als Hauptrisikofaktor gilt seit mehr als 50 Jahren eine Asbestexposition als gesichert. Die durchschnittliche Latenzzeit von Mesotheliomen nach Exposition gegenüber Asbest beträgt 30-40 Jahre. Obwohl die Asbestverarbeitung in vielen Industrieländern inzwischen verboten ist, wird erwartet, dass die Inzidenz weltweit weiter steigt. Die Herstellung und Verwendung von Asbestfasern und deren Produkte sind seit 1993 in Deutschland verboten; seit 1990 steigen jedoch die absoluten Neuerkrankungsfallzahlen für Mesotheliome, was in erster Linie auf die lange Latenzzeit zurückzuführen ist. Diese Zahlen werden voraussichtlich zwischen 2015-2030 zurückgehen. Seit 1977 sind Pleura- und Peritoneal-Mesotheliome offiziell als Berufskrankheiten anerkannt. In der vorliegenden Studie werden die Inzidenz- und Mortalitätstrends und das relative Überleben (RS) für Patientinnen und Patienten mit Mesotheliom in Niedersachsen untersucht.
Methodik
Alle Patientinnen und Patienten (inklusive DCO-Fälle sind dem Register ausschließlich über eine vorliegende Todesbescheinigung bekannt), die zwischen 2003 und 2012 mit malignem Mesotheliom (ICD-10 C45, i.e. ICD-O-3 alle Lokalisationen mit den Morphologiekodes M9050/3-M9053/3) diagnostiziert und an das EKN gemeldet wurden, gingen in die Inzidenz- und Mortalitätsauswertung ein. Die Inzidenz- und Mortalitätsraten sind altersstandardisiert nach Europa-Standard. Für die Berechnung des relativen Überlebens wurden Patientinnen und Patienten zwischen 15 und 99 Jahren eingeschlossen. DCO-Fälle wurden ausgeschlossen. Es wurden relative 5-Jahres Überlebensraten berechnet für alle Mesotheliome zusammengefasst, nach Geschlecht, nach Morphologie-Subtypen (fibröses Mesotheliom: 9051/3, epitheloides Mesotheliom: 9052/3, biphasisches Mesotheliom: 9053/3, Mesotheliom Not Otherwise Specified – NOS: 9050/3), Tumorgröße (T1, T2, T3, T4, T unbekannt) und nach den häufigsten Lokalisationen (Pleura: C38, Retroperitoneum und Peritoneum: C48). Das erwartete Überleben wurde mittels Ederer II Methode berechnet.
Ergebnisse
Zwischen 2003-2012 wurden 1.550 Männer und 331 Frauen in Niedersachsen mit malignem Mesotheliom registriert, 1.265 Männer und 277 Frauen starben an einem Mesotheliom in dieser Zeit. Das mediane Erkrankungsalter beträgt 71 Jahre für beide Geschlechter siehe Abbildung 1.
Die Inzidenzraten für Männer in den einzelnen Landkreisen in Niedersachsen bewegen sich zwischen 0,7 und 10,3 (siehe Abbildung 2).
Tabelle 1 zeigt, dass das relative 5-Jahres-Überleben für Männer und Frauen und für alle Mesotheliome zusammengefasst sowie für alle Untergruppen sehr ungünstig ausfällt. Für Frauen liegt die 5-Jahres-Überlebensrate etwas höher als für Männer. Wie erwartet, haben Erkrankte mit kleinen Tumoren (T1-T2) eine bessere Prognose als diejenigen mit größeren T-Stadien (T3-T4). Epitheloide Mesotheliome weisen ein besseres Überleben auf als die fibrösen, biphasischen oder sonstigen Mesotheliome. Für Patientinnen und Patienten mit einem Mesotheliom des Retroperitoneums und Peritoneums zeigen sich höhere Überlebensraten als für Pleura-Mesotheliom-Patienten.
Diskussion
Obwohl die Asbestproduktion und -verarbeitung seit langem verboten und die altersstandardisierte Inzidenzrate bei Männern in Niedersachsen leicht rückläufig ist, ist die Inzidenzrate der Frauen über die Zeit relativ konstant geblieben. Bei der Interpretation ist zu berücksichtigen, dass maligen Mesotheliome mit 30-40 Jahren eine lange Latenzzeit aufweisen. .
Die beobachteten hohen Inzidenzraten für Mesotheliome in Landkreisen und Städten mit Häfen oder Stahlproduktionsbetrieben und in Landkreisen, die an Bremen (mit großem Hafen) angrenzen, lassen einen Zusammenhang mit beruflicher Asbestexposition im Schiffbau oder der Stahlindustrie vermuten.
Diese Auswertungen wurden als Poster auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi) im Oktober 2015 in Potsdam vorgestellt.